(* im Folgenden wird’s „politisch“ und das spiegelt prinzipiell meine ganz persönliche Meinung wieder und nicht unbedingt die des gesamten Fanclubs)
Samstag 9.00 Uhr früh bin ich normalerweise im Bett und nicht gestiefelt und gespornt bei einem Windchill nahe nowosibirskischen Verhältnissen auf dem Fahrrad Richtung F’hain, um mich an einer Menschenschlange anzustellen, die vor Türstehern vom Format „Du-kommst-hier-nicht-rein“ endet. Fairerweise muss man sagen, dass sie zwar die Bezeichnung „Security“ trugen, dafür aber nur da waren ihrem originären Türsteherauftrag nachzukommen, nämlich dem Filzen nach dezentral beschafften Getränken, denn das Kosmos ist schließlich kein Kongresszentrum sondern eine gastronomische Einrichtung. Mitpiratenbrigadist Gawd668 fand das gar nicht gut und stürzte sich mißmutig die inkriminierte Club Mate ins Gedärm. Gut, Kaffee, Tee und Wasser gab es in unendlicher Menge umsonst, vor Durst zu sterben war fast unmöglich. Bei der Eröffnungsrede wurde darauf hingewiesen, dass, wenn wir alle schön brav sind und nichts taggen oder bekleben, wir sogar nach 18.00 Uhr ein Bier bekommen. Wohlan denn, vorwärts zum II. Fankongress MMXIV…
Das Motto des Kongresses „Fanfreundliches Stadionerlebnis: Wie Fans den Fußball wollen“ ist eine direkte Replik auf das unsägliche Sicherheitspapier der DFL aus dem Jahr 2012. In diesem Jahr fand der Kongress zum ersten mal statt – honi soit qui mal y pense! Die Veranstalter sind die Fanvereinigungen „Unsere Kurve“ und „ProFans„, die, das sei vorweggenommen, einen Superjob hingelegt haben.
Es ging einigermaßen pünktlich los, wobei zum Auftakt zuerst gegrüßt wurde und dann die einzelnen Panels sich vorstellten. Die Qual der Wahl also, denn es gab aus meiner Sicht kein uninteressantes Thema. Schließlich fiel meine Wahl auf das Panel Der Ausrichter: Der Verein & seine Mitglieder – Wenn Regeln unglaubwürdig werden: Verrät der Fußball seine Werte? Das klang mir nach einer gehörigen Portion Kapitalismuskritik und das ist ja sowieso Wasser auf meinen Mühlen.
Wie erwartet wurde es dann auch ein Geplänkel auf der breiten Skala zwischen totalem Kommerz und deutscher Vereinsmeierei. Christian Bieberstein (Unsere Kurve) hatte dabei natürlich aus aktuellem Anlass den dicksten Hals. Sein Verein, der HSV, stand ja justament an diesem Wochenende vor der Frage, ob es zu einer weiteren Stufe der Kommerzialisierung kommen soll, was ja bekanntlich dann von >79% der Mitglieder als für gut befunden wurde (kein Link, googelt selber). Ich hatte ihn dann auch gefragt, ob er notfalls seinem Verein den Rücken kehren würde, wenn dieser sich an Gazprom & Co. verkaufen würde. Er fand die Frage gemein, aber bejaht es schließlich. Ich habe das nicht ohne Grund gefragt, da ich meinem Ex-Heimatverein, dem VfB Stuttgart, exakt deswegen die Mitgliedschaft (und auch die Freundschaft) gekündigt hatte. Und wenn man sich folgende Grafik anschaut, dann kann einem Angst und Bange werden:
Dies bedeutet nichts anderes, als dass der VfL Wolfsburg über die Sponsorenschiene am FC Bauern beteiligt ist. Noch deutlicher wird diese unheilige Allianz, wenn man die personelle Verflechtung in Person der Herren Winterkorn und Stadler betrachtet und sich den jüngsten Wolfsburg/Bauern-Deal mit Luiz Gustavo vor Augen hält. Wenn ich mir vorstelle, dass ein Laden wie der FC Bauern Anteile am magischen FC hätte… Nein, ich will es mir gar nicht vorstellen *schütteltsichundgehtnachlinksab*…
Es geht ja im Wesentlichen um die Ausgestaltung der 50+1 Regel, die schon heute einige Pervertierungen erfahren hat und mit Wolfsburg und Leverkusen zwei eingearbeitete Ausnahmen besitzt. Diese Regel ist regelmäßig Angriffen von außen ausgesetzt, da sie einem kapitalistischen Grundverständnis diametral entgegensteht. Ich möchte das hier nicht weiter ausführen. Die Diskussion ist weitgehend dokumentiert. Meine Position ist hierbei ebenfalls vollständig dokumentiert. Knapp gesagt: Unternehmen haben aus meiner Sicht eine Verpflichtung zum Sponsoring, aber eine zu große Einflussnahme muss begrenzt werden.
Den wohl wichtigsten Beitrag lieferte ein Plenumsteilnehmer des europäischen Fanbündnisses Supporters Direct. Er gab einen kurzen Abriss über die mittlerweile unsägliche Situation in England und berichtete (wie so viele „Offizielle“ in diesen zwei Tagen) von der Bewunderung des Auslands für die Fan- und Vereinskultur hierzulande, bevor er den Teilnehmern ins Stammbuch schrieb, dass es immer noch die Mitglieder sind, die einen Verein tragen…
Ich möchte diese Aussage einmal präzisieren: Die 50+1 Regel ist eine Mindestanforderung und bedeutet, dass die Mehrheit der Stimmen beim „e.V.“, also bei dessen Mitglieder liegen muss. Die Stimmenmehrheit der Mitglieder kann auch bei 100% liegen. Mit anderen Worten: Wieviel Einfluss ein Sponsor, Investor etc. hat, bestimmen die Mitglieder und nicht die DFL, der DFB oder der jeweilige Vereinsvorstand. Ich lass‘ das so stehen, die Bedeutung für die Fanszene in Deutschland ist damit eindeutig beschrieben. „Erfolgsfans“ und „Businessseat-Kunden“ haben mit Sicherheit kein Verständnis für Traditionen und Emotionen rund um einen Fußballverein!
Eine gute Nachricht gab es dann doch. Andreas Rettig, DFL-Geschäftsführer und Plenumsteilnehmer erklärte, dass die DFL sehr wohl ein Auge auf gewisse Entwicklungen hat und diese auch zu unterbinden gedenkt, wenn diese dann eines Tages in den Geltungsbereich der DFL fallen ((Ohne Namen zu nennen bezog er sich natürlich auf das Beispiel „RB Leipzig“)).
Dann war Mittagessen angesagt. Die Wahl zwischen Berliner Erbsensuppe mit Würstchen und dem toskanischer Pastaeintopf fiel bei mir zugunsten der vegetarischen Variante aus. Ein Lob an die Küche, es war sehr gut!
Dann ging’s in die Nachmittagsplanung und die Wahl war nicht minder Qual(voll). Kollege Gawd668 und ich entschieden uns für etwas eher selbstreferentielles aus der Rubrik Der Spielort: Das Stadion als Zuhause: Auswärtsspiel: Das sogenannte „St. Pauli-Modell“ – eine Chance für Selbstregulierung oder plumper Erpressungsversuch?
Nach den einleitenden Worten von Sven Brux wurde auch relativ schnell klar, wohin die Reise innerhalb dieser Diskussion geht. Zum einen natürlich um die Definition, was denn ein „ungebührliches Verhalten“ darstellen soll bzw. kann und zum anderen, klar, Pyro.
Interessant waren die einhelligen Aussagen bezüglich der Fanutensilien, selbst von DFB-Vertreter Gerald von Gorrissen. Man möchte dazu übergehen alles zu erlauben, was nicht ausdrücklich per Stadionordnung oder Gesetz verboten ist. Unsinnige Diskussionen um Maße und Anzahl von Fahnen sind sinnlos und auch kaum vernünftig handlebar. Es soll damit auch der Willkür entgegengetreten werden. Wenn es nach der Polizei gehen würde, wäre alles untersagt. Deshalb überraschte mich die Aussage der beiden Vereinsvertreter, dass die Polizei heutzutage keine Mitsprache mehr beim Thema Fanutensilien hat.
Alles in allem ist das ganze Thema eines, welches mit gesundem Menschenverstand gelöst werden könnte. Gesunder Menschenverstand ist jedoch nicht kodifizierbar und deshalb wiederum Teil der so verhassten Willkür. Obwohl sich alle sowohl auf dem Podium, als auch im Plenum gegen „einheitliche“ Regelungen aussprechen, so merkt man doch innerhalb der Diskussion immer den Drang in Richtung Konformität. Es geht um Gefährdungspotentiale, Verantwortlichkeiten und Kompensationen, wenn es tatsächlich zu Schäden kommt. Eine interessante Frage wurde aus dem Plenum gestellt: Inwieweit die Fans bereit wären Verantwortung zu übernehmen und was sie tun würden, wenn es zu Schäden kommt. Was passiert, wenn tatsächlich mal einer eine Fahne ins Auge bekommt, wenn es zu Verletzungen in Folge von Pyroeinsatz kommt. Würden die Verursacher sich bekennen, die Verantwortung übernehmen und die Schäden kompensieren? Vielleicht mit einer obligatorsichen Fanhaftpflichtversicherung? Es wird immer eine Gratwanderung zwischen eindeutigen Regeln und fallweisen Entscheidungen sein. Unsere Gesellschaft tendiert allerdings zur Regelungswut, was mir persönlich überhaupt nicht gefällt.
Womit das Thema „Pyro“ angesprochen wäre. Natürlich kommt man um diese Diskussion nicht herum und weder ein pofallaesker Ukas des DFB noch das bedingungslose Legalize-it der Ultras sind geeignet diesen Knoten zu lösen. Ich bin ziemlich überzeugt, dass ein erlaubter, verantwortlicher Umgang mit Pyrotechnik dazu führen würde, das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Fans auf der einen und Ordnern und Polizei auf der anderen Seite ganz schnell zu beenden und sich das Klima allgemein zum Positiven wenden würde. Pyro ist der Proxywar für das gesamte Missverhältnis zwischen „Offiziellen“ und Fans. „Verantwortungsvoller Umgang“ führt hierbei direkt zur obengennanten Anfrage aus dem Plenum: „Wie würden die Fans, die Verantwortung ausführen?“ Pyrobeauftragte? Haftpflichtversicherung? Risikoannerkennung? Es gäbe schon eine Menge diskutabler Ansätze…
Ein Statement von Sven Brux möchte ich hier noch in den Raum stellen: Der DFB, die DFL und vor allem die Vereine selber sind Wirtschaftsmächte, an denen eigentlich kein (Lokal-)Politiker vorbeikommt. Diese Macht könnte durchaus mal genutzt werden, um dem heraufbeschworenen „Druck der Politik“ und/oder irgendwelchen Sachzwängen entgegen zu treten.
Weiter ging’s ganz standesgemäß mit Kaffe und Kuchen, bevor es zum Höhepunkt des ersten Tages kommen sollte, nämlich der Podiumsdiskussion rund um das Thema:
Fußballfans & die Polizei: Getrennt in den Farben, getrennt in der Sache?
Zunächst gab es gleich mal ein schönes Beispiel dafür, wie so mancher politische Geisterfahrer sich so seine kleine populistische Welt zusammenbastelt. NRW-Innenminister Ralf Jäger, Kläffer und Scharfmacher, hatte einer Einladung zum Kongress aus terminlichen Gründen eine Absage erteilt. So weit, so gut, das Schreiben fängt auch ganz jovial an. Und an der Stelle, wo man meint, dass nun der „freundliche Gruß“ stehen sollte, driftet das ganze in eine völlig haltlose Pauschalisierung von Fußballfans als „herumziehende und marodierende Intensivtäter“ ab, wie es nur noch der BLÖD-Zeitung zur Ehre gereicht. Dieser Brief wurde auszugsweise zitiert, wobei dieses Zitieren die Kritik von DFL, DFB und Polizeifunktionären hervorrief. Nun, die Kritik wurde zur Kenntnis genommen und der Brief hier veröffentlicht. Möge sich jeder sein eigenes Bild machen. Ich für meine Teil sage nur: Herr Jäger, einfach mal die Fresse halten!
Nun, was kann man von so einer Diskussion erwarten? Zunächst einmal wurde der Versuch unternommen persönliche Erfahrungen in diesem Spannungsfeld außen vor zu lassen, aber das kann eigentlich nicht wirklich gelingen. Die „Polizeiseite“, vertreten durch DFB-Sicherheitsbeauftragter H. Große Leffert und Bernd Heinen, verschanzte sich erwartungsgemäß hinter „Sachzwängen“ und „Politik“, d.h. beide herausragenden Akteure kritisieren durchaus bestehende Verhältnisse, lassen aber jeden Willen zur Veränderung vermissen. Ein Beispiel hierfür war Heinens scharfe Kritik an den Äußerungen subalterner Polizeigewerkschafter. Nur kann ich mich nicht erinnern, dass er in seiner Eigenschaft als Leiter des nationalen Ausschusses für Sport und Sicherheit diese Kritik im Nachlauf einer „Weltkriegsfußballberichterstattung“ der Medien mal öffentlich geäußert hätte. Desweiteren rügte er mehrfach die teilweise populistischen Ausfälle von Innen- und Sicherheitspolitikern, aber mal seinen eigenen Chef (NRW-Jäger) mal zur Ordnung zu rufen, traut er sich auch nicht. Und justament kam genau zu dieser Zeit die Meldung, dass in Köln ein Fan bei einer Schlägerei lebensgefährlich verletzt wurde, da hatte Herr Heinen natürlich gleich den richtigen Gesichtsausdruck parat. ((Das ist natürlich nicht schön, aber bis zu diesem Zeitpunkt weiß ich nur, dass es eine Schlägerei gegeben hat und derjenige dabei verletzt wurde. War das eine abgesprochene Keilerei unter Hooligans? War er maßgeblich beteiligt oder wurde er ohne Grund angegriffen? Wurde er „vermöbelt“ oder ist er unglücklich gestürzt? Das sind alles Fragen, die wichtig sind, wenn wir von „öffentlicher Gefahr durch Fußballfans“ reden. In Palermo bin ich als Tourist auch sicher vor der Mafia, ich könnte lediglich ein Kollateralschaden werden, weswegen Massenkeilereien auf der Domplatte sicherlich nicht mein Einverständnis haben.))
Wohltuend waren die unaufgeregten Aussagen und Einlassungen des Herrn Hauck, der die Polizeidirektion 2 hier in Berlin leitet und somit für den Ablauf am Olympiastadion zuständig ist. Er lobte die Kennzeichnungspflicht und die Fehlerkultur der Berliner Polizei und machte das Angebot an die Fans „Spieltage“ gemeinsam mit der Polizei nachzubereiten. Und hier wäre nun wieder meine persönliche Erfahrung bei meinem letzten Auftritt im Olympiastadion. Da hatte sich nämlich die Polizei auch gründlich danebenbenommen, aber wir wollen ja die Einzelfälle außen vor lassen…
Die Ausführungen der beiden Professoren hatten natürlich Hand und Fuß. Sie wiesen ausdrücklich darauf hin, dass in keinster Weise ein Dialog auf Augenhöhe stattfindet. Das Auftreten der Polizei am Spieltag, sowie der Auftritt in Dialogen sei keinesfall geeignet das Verhältnis zu deeskalieren. Das genau Gegenteil ist der Fall, die Polizei stilisiert sich selber zum Feind, welchem nicht mit Worten sondern nur mit Taten begegneten werden kann. Dass dies auch sonst harmonische und friedliche Fangruppen in Rage bringen kann, ist eine Weisheit, die man als Schüler im Biologieunterricht lernt.
Die beiden Fanvertreter machten deutlich, dass unter den gegenwärtigen Umständen ein direkter Dialog zwischen Fans und Polizei nicht möglich ist. Wohl aber über Fanvertretungen wie die Fanbeauftragten der Vereine oder den jeweiligen Fanprojekten. Hier muss es allerdings unbedingt zu einer Stärkung dieser beiden Vertretungen kommen und dies muss bis zum Beamten vor Ort durchkommuniziert werden. Bislang werden diese, wenn sie versuchen im Konfliktfall zu vermitteln, kaum bis gar nicht beachtet, sondern sind meistens in vorderster Linie von Polizeigewalt betroffen. Was einhellig gefordert wurde, war zumindest die Kennzeichnungspflicht, insbesondere für die Ninja-Turtles der Bereitschaftspolizei. Heinen stimmte dem grundsätzlich zwar zu, faselte jedoch etwas von Beschaffungsproblemen. Naja, man kann auch für alles eine Ausrede finden 🙁
Damit endete dann Tag 1 des Fankongresses 2014. Bei der Eröffnung wurde kolportiert, dass wenn taggen und Aufkleber tapezieren entfallen würde, es dann Bier geben würde… Leider konnte ich das aus terminlichen Gründen nicht verifizieren. 🙂
Der Sonntag begann mit ein paar einleitenden Worten von Daniel Nowara (Unsere Kurve) zu den Ereignissen am Vortag in Köln. Er machte deutlich, dass es sich bei diesen Personen um Menschen handelt, die kein Fanbündnis und auch kein Kongress wie dieser erreichen kann und man sich einhellig von diesem Personenkreis distanziert.
Dann gab er weiter an DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig für ein Grußwort. Dieser war bereits am Vortag den ganzen Tag anwesend, um sich den Diskussionen und Panels als dialogbereiter Gesprächspartner zu stellen. Überhaupt waren DFL/DFB hochkarätig und engagiert vertreten – das muss man schon anerkennen. Vielleicht ist dies doch die Erkenntnis, dass der engagierte und aktive Fan eine größere Rolle im Wirtschaftskontext Fußball spielt, als es Businessseats und Langnese-Familienblocks alleine sein können.
Andreas Rettig startet zunächst mit der bereits oben angeführten Kritik bezüglich des Briefes des Ministerdarstellers Jäger. Danach gab es lobende Worte für den Kongress und seine Organisatoren. Das wurde ein wenig zu väterlich, fragt man sich doch was man seitens der Fußballoffiziellen von 700 erwachsenen Menschen erwartet hatte? Ein Kindergeburtstag mit Hüpfburgen und Bibabutzemannspielen? Für die Vorgänge in Köln hatte er auch nur den Satz, dass kein Konzept der Welt solche Vögel einfangen kann. Erwähnenswert war auch noch seine deutliche Kritik an der BLÖD-Zeitung (leider ohne das Drecksblatt zu erwähnen), die über dieses Ereignis wieder eine unsägliche Schlagzeile pappen musste. Wann wird man diese Schweinezeitung endlich mal los?
Rettig berichtete davon, dass die DFL eine Kooperation mit der Initiative „Exit„, die sich um Aussteiger aus der rechten Szene kümmert, eingegangen sei. Ebenfalls trug er auch nochmal seine bereits am Vortag geäußerten Bedenken über eine totale Kommerzialisierung von Vereinen vor, um dann mit den Worten “ Nazis raus“ seine Rede zu beenden. Es folgte zurecht großer Beifall… Allein an den Taten wollen wir sie messen.
Anschließend gab es dann die Podiumsdiskussion zum Thema Selbstregulierung der Kurven und die Abgrenzung gegenüber diskriminierenden Gruppen. Und da stellte sich mir im Vorfeld eine Frage:
…und in der Tat, war es wohl für die Organisatoren ziemlich schwierig einen Vertreter einer sich selbst als unpolitisch bezeichnenden Fanvertretung zu finden, der bereit war auf dem Podium seine Meinung zu vertreten. Gut so, unpolitisch heißt auch „rechtsoffen“ und das kann und will ich nicht haben. Es stellte sich auch ziemlich schnell die Frage, wie man denn mit rechtslastigen Jugendlichen umgehen soll und welche Möglichkeiten ein Fanprojekt gegenüber diesen Intelligenzverweigerern einnehmen soll. Ich klinke mich hier aus. Zwar gestehe ich jedem eine Chance zur Besinnung zu und freue mich über jeden der diesen faschistoiden Idioten von der Schippe springt, aber ich bin kein Pädagoge und auch kein ausgebildeter Sozialarbeiter… Kommt also bitte erst wieder zu mir, wenn ihr die braune Scheiße aus eurem Hirn geschissen habt.
Gleich zu Beginn gab der hinlänglich szenebekannte Fanforscher Gerd Dembowski ein Statement zum Thema „was ist politisch“ ab, welches grandios war. Leider habe ich es vergessen, vielleicht hat es ja jemand mitprotokolliert… Ich wäre interessiert. 🙂
Die Diskussion kam leider nicht wirklich in Gang, den eines ist völlig klar:
…und deshalb kann man diskutieren bis man schwarz wird. Wenn der Verein nicht mitzieht, dann steht man am Ende alleine da, denn ein ganzes Stadion zu „regulieren“ ist eine Herkulesaufgabe.
Nach dem Mittagessen (Gulaschsuppe oder Thaisuppe mit Zitronengras) gab es schließlich noch ein Wrap-Up der Themen, vorgestellt von den jeweiligen Moderatoren…
Es waren zwei großartige und äußerst interessante Tage. Es steht zu hoffen, dass die Signale auch von der offiziellen Seite vernommen und vor allem verarbeitet werden. Außerhalb des Kongresses und der Fanbündnisse sind wir alle gefordert uns unsere Fankultur zu erkämpfen und auch zu erhalten. Vergessen sollte man dabei jedoch nie, dass der aktive Fan nicht alleine im Stadion ist, sondern mit ihm tausende andere Anhänger desselben Vereins, desselben Sports mit zum Teil höchst unterschiedlichen Ansichten und Zielen. Nur der Verein und seine Mitglieder kann schlussendlich etwas bewirken und hier muss die meiste Überzeugungsarbeit geleistet werden.
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P.S.: Man könnte noch viel, viel mehr schreiben. Völlig ausgeblendet habe ich z.B. den „Markt der Möglichkeiten“ u.a. mit den Queer Football Fans, der AG Fananwälte oder dem BAFF. Ferner möchte ich nochmal betonen, dass dies meine Eindrücke und meine Vorstellungen zu den einzelnen Themen sind. Auf der Seite des Fankongresses gibt es massenweise Pressestimmen und Material zum querlesen und sich seinen eigenen Gedanken zu machen.