Fanrivalität my ass!

Der FC St. Pauli ist ja bekanntermaßen ein „linker“ Verein, der das nicht nur unter den AnhängerInnen, sondern auch innerhalb der Mitgliederschaft und der Vereinsstrukturen lebt und auch gerne öffentlichkeitswirksam zeigt.

Über „Links“ und „Rechts“ als politische Haltung gibt es unendlich viel zu sagen und noch mehr zu lesen, aber das hier ist kein Fachblatt für politische Bildung und obwohl ich relativ sattelfest über Politik diskutieren kann, möchte ich hier lediglich die landläufige Interpretation von „Links“ verwenden, weil es für das, was ich sagen möchte auch völlig ausreicht.

„Links“ ist in allererster Linie Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Gleichheit, häufig begleitet von einer kapitalismuskritischen und progressiven Haltung. So weit, so einfach. In unserer freiheitlichen-demokratischen Grundordnung, die das Grundgesetz gebietet und auch schützt, sind Solidarität, Gerechtigkeit und Gleichheit unverhandelbar. Es sind nebenbei auch die Grundpfeiler der meisten Religionen und meistens auch Teil unseres angeborenen und kulturellen Moralkompasses. Kapitalismuskritik und Progressivität, bzw. deren Ausprägungen sind sicher diskussionswürdig. Mit Blick auf Solidarität, Gleichheit und Gerechtigkeit als oberste Ziele, stellt sich die Frage nicht nach dem „ob“, sondern nur nach dem „wie“.

Sorry für die Einleitung, aber die ist wichtig, um zu verstehen, warum es mich gerade so dermaßen ankotzt, dass ich das hier ins Internet schreiben muss:

Die Rivalität zum FC St. Pauli kann nicht sein, dass mensch Plakate mit „Lichtenhagen“ in Frakturschrift mit Sonnenblumen demonstrativ mit hämischem Grinsen zusammen mit einschlägig vorbestraften Tätern zur Schau stellt. Dass mensch Plakate mit „Kategorie CIS“ zeigt und Regenbogenfahnen verbrennt. Allein das Anrücken in Bomberjacken (das Erkennungszeichen der Naziszene in den Baseballschlägerjahren der 90iger) entspringt einer Haltung, die in keiner Weise irgendeinen Gegenpol, irgendeine Opposition oder gar eine andere Meinung gegenüber irgendwas darstellen kann.

Aber auch in Magdeburg oder Dresden, stellen sich immer wieder Personen mit eindeutiger Gestik und Artikulation auf, um irgendeine Gegenposition zu skandieren, die in keiner Weise gesellschaftliche Akzeptanz, vor allem nicht in Deutschland, erfahren sollte. Und auch hier schreitet keine verantwortliche Person ein oder verurteilt und sanktioniert dieses Verhalten entsprechend. Im Gegenteil, solche Vereine verweisen immer gerne darauf, dass sie so wahnsinnig tolerant sind und für andere Werte stehen. Toleranz ist eh‘ ein großer Mist und wird i.d.R. nur gegenüber den eigenen Schwachköpfen gelebt. Die Akzeptanz dieser Werte einzufordern, weil diese eben nicht verhandelbar sind, fällt den verantwortlichen Personen gar nicht erst ein.   

Um es noch deutlicher zu sagen: Wer meint, dieses Verhalten als „Fanrivalität“ verharmlosen zu müssen, der ist eine ausgesprochener GegnerIn der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung oder hat diese einfach nicht kapiert und sollte entsprechend gemaßregelt werden, zumindest sollte die Person nicht in öffentlichen Ämtern und Positionen sprechen und handeln dürfen.

Ich bin es zunehmend leid mir diesen Bockmist von Behörden, PolitikerInnen, Medien und Verbands- sowie VereinsfunktionärInnen anhören zu müssen (und das richtet sich auch gegen die „eigenen“). Wir können darüber diskutieren wieviel Kommerz wir wollen, ob wir 3G-Regeln beibehalten oder an die Vernunft appellieren. Wir können uns in sportlicher Rivalität auseinandersetzen und gerne in gewissem Rahmen Lokalpatriotismus zelebrieren. Aber wer den Grundkonsens des menschlichen Zusammenlebens in unserer Gesellschaft in Frage stellt, weil er/sie unbedingt „dagegen“ sein will, der gehört nicht in die Öffentlichkeit und sollte mit entsprechenden Sanktionen belegt werden.

Den rechten Arm heben und „Sieg Heil“ brüllen ist keine Meinung, ist keine Opposition und keine Rivalität, es ist eine Straftat und das sollte allen Verharmlosern, Beschwichtigern und altmodischen Hufeisenfans klar sein.

Hört endlich auf zu lügen!

Diese Pressemitteilung der Rostocker Polizei könnt Ihr getrost als Lüge abheften und diejenigen, die das abschreiben sind Vollidioten!

Dass sich Hansa-Fans und wir uns nicht liebhaben, ist der älteste Hut der Welt. Ich könnte jetzt endlos darüber schwadronieren, warum das so ist, aber hier die (stark vereinfachte und schwarz-weiße) Kurzform: 87% der Hansa-Fans sind wahrscheinlich völlig i.O. und man könnte in sportlicher Rivalität verbunden sein, aber 13% sind Vollidioten, von denen sich dieser Kackverein nie wirklich distanziert hat. Wie auch immer, im Jargon der Staatsmacht heißt sowas dann eben „Hochrisikospiel“ und ist eine willkommene Gelegenheit mal das gesamte Repressionequipement zu entstauben und in Bürgerkriegsmanier zu platzieren. Zusammen mit einem (laut Verlautbarung) Personalaufwand von 1.450 Träger*innen hoheitlicher Gewalt, davon ca. 99,9% vertrauenserweckend gekleidet wie Lord Helmchens Spacemarines für die 1:1 Betreuung der anreisenden Fans. Das Ganze noch mit Hub-Hub-Hubschraubereinsatz, aber wenn interessiert schon Klimakatastrophe und hohe Spritpreise.

Anstoß um 20.30h, damit die Pyroshow noch besser in Szene gesetzt wird und sich Sky- und DSF-Reporter wieder mit Kriegsrhetorik profilieren und DFL und Innenminister ihrem Ziel Ticketpersonalisierung (Überwachung) und 100% Sitzplätze (teurer – mehr Profit) wieder einen Millimeter näherkommen.

Gut, fairerweise ist 20.30h für Auswärtsfahrer wie uns nicht so schlecht, denn man muss nicht zu nachtschlafender Zeit aufstehen und schon zum Frühstück Bier trinken. Zumal Berlin – Rostock in etwa die gleiche (zeitliche) Entfernung aufweist wie Grünau – Spandau mit dem ÖPNV.

Die Anreise war kurzweilig und die Ankunft in Rostock unproblematisch. Wir waren etwas spät (nicht zu spät), deshalb war der Einstieg und Transfer zum Stadion mit den Shuttlebussen auch relativ entspannt. Dass man Busse zu Pandemiezeiten vollstopfen muss, anstatt einfach einen mehr hinzustellen, nun gut … Herr Lauterbach, bei der nächsten Pandemie bilden Sie bitte ein Superministerium mit dem Innenresort, denen ist nämlich unsere Gesundheit von jeher scheißegal. St. Pauli-Fans sind alle geimpft und geboostert, da hat unser Verein nie einen Kompromiss gemacht, warum auch? Wir passen eben aufeinander auf und schützen uns und andere (im Gegensatz zu siehe oben). Dann hinein ins Stadion und da beginnt gleich die erste Grütze …

Im Ostseestadion befinden sich Heimfans und Gästefans in der gleichen Kurve (ich habe mir sagen lassen, dass das in Sandhausen auch so ist, aber hey, da trinkt man vermutlich auch Wein, statt Bier im Stadion). Getrennt durch eine blickdichte Plexiglasscheibe, die ca. 50-100 Gästefans dermaßen sichtbehindert, dass ein kompletter Torraum nicht einzusehen ist. Für diesen Unsinn zahlt man aber den gleichen Preis, wie für den Rest des Blocks. Danke für nichts, kann man da nur sagen. Diese Idiotie führt dann eben genau zu dem, was dann passierte:

Der Catering- und Toilettenbereich des Gästefanblocks, wird durch eine Garagentorkonstruktion aus Aluminium vom Block der Heimfans getrennt und anscheinend gibt es auf deren Seite keine Ordner oder sonstiges Sicherheitspersonal. Also begann unmittelbar neben dem Cateringstand ein infernalischer Lärm, den Hansafans mit Tritten und Schlägen gegen eben jenes Garagentor hervorriefen. In einem Horrorfilm würde man jeden Moment das Brechen des Tores annehmen und eine Herde Zombies strömt aus dem Durchbruch. Ich kann die Stabilität des Tores nicht einschätzen, aber die beständige Lärmkulisse war dermaßen bedrohlich, dass sich die Menge der Gästefans immer mehr auf die andere Seite verlagerte. Neben dem Cateringsstand war dann auch noch die Damentoilette und auch hier war zu spüren, dass das Bedrohungsgefühl immer stärker wurde. Plötzlich flogen Leuchtkugeln und Böller in die Menge, diese wurde offensichtlich vom Gelände unterhalb des Heimblocks nach oben in den Servicebereich des Gästeblock geworfen. Die Leuchtkugeln trafen auch Personen, aber zum Glück nur an der Kleidung und ohne diese zu entzünden. Mehrere Böller explodierten in dem überdachten Bereich und verursachten (vorübergehende?) Hörschäden. Die Menge flüchtete dann mehrheitlich auf die andere Seite des Servicebereichs oder in die Toiletten. Ein Teil ging zurück in den Innenraum und ein Teil flüchtetet nach unten in den ersten Vorhof, von welchem sie auch vom Nachbargelände aus mit Pyrotechnik beschossen wurden. Zwei Zehntschaften Polizei hielten es nicht für notwendig sich um die Verursacher zu kümmern, sondern standen entweder passiv herum oder waren damit beschäftigt Gästefans zu drangsalieren. Auch die Ordner im Servicebereich machten keine Anstalten irgendetwas zu unternehmen, obwohl sie offensichtlich über ein Kommunikationssystem verbunden waren.

Ich war zu diesem Zeitpunkt zwischen Servicebereich und Vorhof, also mittendrin und versuchte mit einigen anderen allzu hitzige eigene Fans zu beruhigen. Es wird aus den eigenen Reihen berichtet, dass St. Pauli Fans Böller zurückgeworfen hätten. Das habe ich nicht beobachtet, aber kann es auch nicht bestreiten. Nur so viel: Wir hatten mit dem Servicebreich und den Toiletten ein räumlich sehr begrenztes und überdachtes Areal zum Ausweichen, die Angreifer hingegen einen kompletten Parkplatz. Wenn hier also von „gegenseitigem Bewerfen“ die Rede ist, dann wird hier ein sehr ungleiches Bild gezeichnet. Die Hansafans beschossen ein Menschenmenge.

(Einwurf: Gerechterweise muss man natürlich sagen, dass es auch bei unseren Fans Idioten gibt, die Ihren Machismo in solchen Momenten voll ausleben. Natürlich ist es kindisch als Reaktion auf die Gewalteinwirkung auf das Garagentor, da auch noch dagegenzutreten. Die zwei Deppen wurden aber relativ schnell eingehegt. Ebenso ist es ziemlich lächerlich auf einen Zaun zu klettern und so zu tun, als wolle man einen Gegenangriff starten, dabei aber einsehen muss, dass man nicht mal so eben neun Meter runterspringen kann und dann stattdessen auf einen Wellblechverschlag einprügelt. Was ist der Sinn? Rasseln gegen Dämonen?

Und ja, Pyrotechnik zurückwerfen ist auch nicht wirklich schlau, wenn es denn so gewesen ist. Sich und die eigenen Fans zu verteidigen, dass rechne ich USP hoch an, aber die paar Trottel, die meinen im Stadion ein Ackermatch austragen zu wollen, sollten sie besser selbst einfangen.)

Der ganze Beschuss hielt etwa 10 Minuten an, ohne dass irgendjemand der Spitzenbullen und Superorganisatoren (siehe Selbstbeweihräucherung oben) eingeschritten wäre und diesen Angriff auf Leib und Leben (ohne Übertreibung) unterbunden hätten. Auf Videos, die mittlerweile im Netz zu sehen sind, ist zwar erkennbar, dass die Spacemarinchen sich auf dem Nachbargelände formierten, aber wohl außer Choreografien nach Art der römischen Armee zu performen, kein erkennbarer Zugriff erfolgte. Aber das war ja nur der Auftakt …

Sorry, aber über das Spiel zu berichten lohnt sich nicht. Was für eine üble Vorstellung unseres magischen FCs, das können andere besser als ich beschreiben. Ich decke darüber den Mantel des Schweigens und widme mich wieder meinem Gedächtnisprotokoll, welches vielleicht noch anderweitig Verwendung findet.

Natürlich haben wir in der 2. Halbzeit auch die Vorgänge während der Halbzeitpause erörtert und als der Stadionsprecher verkündete, dass wir nach dem Spiel schnellstens zu den Shuttlebussen gehen sollen, da keimte sowas wie Hoffnung auf ein glimpfliches Ende dieses Stadionbesuchs auf. Die Bullen würden den Heimbereich zu machen und wir sind weg, bevor man die wieder rauslässt. Aber wir haben nicht mit der Unfähigkeit oder vielleicht sogar Bösartigkeit der „Organisatoren“ gerechnet.

Nach dem Abpfiff leerte sich der Gästeblock unerwartet zügig. Spiel, Kälte und das Erlebte in der Halbzeitpause, bildeten keine Basis zum launigen Verbleiben an diesem ungastlichen Ort.

Der Vorbereich des Gästeblocks war in zwei Bereiche unterteilt, die rundherum mit Gittern umzäunt waren. Der äußere Bereich hatte links und rechts große Tore als Ein- und Ausfahrten für die Shuttlebusse. Zu dem Zeitpunkt als ich aus dem Stadioninnenraum trat, standen auf diesem Platz bereits eine große Anzahl Gästefans, die auf das Eintreffen der Busse warteten. Dieser Außenbereich wurde zum Stadion hin von einem weiteren Hofbereich getrennt, an dem die Durchgänge für die Ticket- und Sicherheitskontrolle waren.

Für Laien: Diese Eingänge dienen dazu, ankommenden Gäste zu „vereinzeln“, sind also sehr schmal. Ähnlich wie das Vieh im Schlachthof wird man beim Eintritt mit Gittern kanalisiert und steht dann einzeln flankiert von Ordnern zum Bolzenschuß, äh … Ticketkontrolle und Leibesvisitation an. Das ist beim Betreten des Stadions natürlich sinnvoll und geht i.d.R. auch ganz entspannt vonstatten. Man ist ja in dem Moment voller Vorfreude und es wird viel gescherzt und geflachst. Beim Verlassen des Stadions, werden diese Tore normalerweise zusammen mit größeren Toren geöffnet, dass die Menge sich nicht staut und schnell abfließen kann. In diesem Konstrukt war das natürlich nicht der Fall, denn dadurch konnte man den Zustrom an die Busse „regeln“. Im äußeren Bereich standen neben mehreren Zehntschaften Polizei u.a. zwei Wasserwerfer orthogonal zueinander. Der eine zielte auf den inneren Hof und Stadionzugang und der andere auf den Durchfahrtsbereich der Shuttlebusse. Alle Tore zwischen dem Außenbereich und dem Innenbereich waren geschlossen. Auf der einen Seite befand sich der Parkplatz zum Heimbereich, von welchem aus wir in der Halbzeitpause angegriffen wurden. An diesem Zaun, aber auf „unserer“ Seite stand eine Zehntschaft Polizei sowie 1-2 (?) weitere an den Toren zum Außenbereich. Es gab also quasi zwei Kessel.

Schließlich fuhren die Busse ein und füllten sich ganz schnell mit Menschen. Die Organisatoren hatten (zu diesem Zeitpunkt zumindest) ganze 6 Linienbusse mit ca. 100 Plätze für fast 2.000 Fans im Einsatz, grandiose Rechenkünstler da in Rostock. Mehr noch, da die Busse mit ca. 15 Wannen eskortiert wurden, konnten diese nur im Konvoi fahren. D.h. Einstiegs- und Sortierchaos dauerten ewig, bis die erste Ladung erstmal weggebracht werden konnte. Dieses ganze Fahrzeugskonvolut fuhr dann zum Bahnhof und anschließend wieder zurück. Es war kurz vor 23.00h und die Temperatur lag bei -4°C. Die Aussicht da schnell wegzukommen, war also völlig überzogen. Aber Fans sind keinen Luxus gewöhnt und wir machen ja alles für den Verein. Wenigstens machte das Catering Überstunden und die Toiletten blieben auch geöffnet und im Kessel selbst war es mit den ganzen Menschen um einen herum, bis auf die Eisfüße auch einigermaßen mollig. Aber leider passierte dann das Gleiche, wie zur Halbzeit. Hansafans kamen auf das Nebengelände und fingen wieder unmittelbar damit an, Pyrotechnik über den Zaun in die Menschenmenge zu werfen. Diesmal konnten wir uns nicht so einfach zurückziehen und es lag schnell ein gewisse Panikstimmung in der Luft.

Zu allem Übel hatte dann noch ein Meisterdenker unter den Cops am Zaun die sagenhafte Idee Pfefferspray über den 3 Meter hohen Zaun zu sprühen, welcher, oh Wunder, durch den Wind sofort schön über uns zurückgeweht wurde. Wir hatten fast alle Masken auf und wenn ich der Pandemie etwas Gutes abgewinnen kann, dann das. Natürlich kam es aufgrund des Pyrobeschusses und dem (mit Ansage) verunglückten Pfeffersprayeinsatzes zu einem Fluchtreflex und man kann es USP nicht hoch genug anrechnen, dass Sie (mit Erfolg) versucht haben die Menge mit ruhigem, aber bestimmten Worten und Gesten langsam und geordnet in sichere Bereiche zu lotsen was eine Panik verhinderte. Der Polizei fiel aber nichts Besseres ein, mit dem Wasserwerfer die Angreifer über unsere Köpfe hinweg zu „beregnen“. Ich erinnere daran: -4°C und keine Aussicht auf irgendetwas Erwärmendes. Zudem ließ der Geruch vermuten, dass der Wasserwerfer noch andere Substanzen versprühte. Man wusste nicht wen man in diesem Moment mehr hassen sollte. Fans die einen mit Pyrotechnik beschießen oder idiotische Polizisten.

Ein Teil der Eingekesselten flüchtet wieder Richtung Servicebereich im Stadion, ein anderer wich zurück und versuchte irgendwie in die Nähe des Außenbereiches zu kommen. Da wurde dann, ich weiß nicht auf wessen Initiative, eines der Vereinzelungstore geöffnet, und die Menge strömte in den Außenbereich. Diese „Flucht“ rief sofort die Bullen auf den Plan. Die Einheiten, die im Innenhof postiert waren, stürzten in Richtung des geöffneten Tores und auf der anderen Seite setzen sich die dortigen Einheiten in Bewegung. War das schon alles völlig sinnentleert, fing dann auch noch der Wasserwerfer an auf die Menschen zu schießen, die sich durch das Tor drängelten. Diesmal aber nicht sanft beregnet, sondern mit vollem Strahl. Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits auf der Treppe zum Servicebereich und konnte von dort die Lage komplett übersehen. Sinnloser und schädlicher konnte die Polizei nicht mehr handeln. Die Menschen wollten nur aus diesem Druck heraus und dafür wäre auch genügend kontrollierbarer Platz gewesen, aber der nicht zu begreifende Einsatz hat viele Menschen in äußerste Gefahr gebracht. Zudem scheint die Polizei auch mit körperlicher Gewalt vorgegangen zu sein, ein Bekannter, den ich einige Zeit später sah, hatte blutunterlaufene Augen und einen schlimmen Ausschlag im Gesicht. Er schilderte, dass er in der Vorwärtsbewegung von einem Pfefferspraystrahl getroffen wurde.

Ich weiß nicht, was auf der anderen Seite des Zauns passiert ist, der Beschuss hörte irgendwann auf. Wir waren zu sehr beschäftigt uns vor der Polizei in Sicherheit zu bringen, so dass wir die gegnerischen Fans und deren Ergehen nicht mehr wahrnahmen. Der Rest ist der Besonnenheit unserer Fans und USP zu verdanken, dass unser Transfer dann, eine gefühlte Ewigkeit später, einigermaßen ruhig ablief und wir wieder gut zum Bus und nach Hause gekommen sind.

Mein lieber Herr Gesangsverein, entweder waren die Einsatzkräfte Vorort durchsetzt mit völligen Kretins oder und das meine ich in vollem Ernst, haben dieses Theater absichtlich inszeniert und dies ohne Rücksicht auf Leib und Leben der Gästefans durchgezogen.

Gründe dafür gibt es viele und wer sich mit dem Kontext Fußball, Kommerz und staatlicher Repression und deren Wechselwirkungen beschäftigt, der kann locker zu dem Schluss kommen, dass es den Organisatoren zumindest nicht um Sicherheit gehen kann, von der sie ständig schwadronieren. 

Nun ja, es war ein Erlebnis und schlussendlich kamen wir zwar mit beschädigtem Ego, aber körperlich vollständig wieder gegen 03:00h in Berlin an. Ob ich das nochmal mache, steht allerdings auf einem anderen Blatt Papier… Danke an meine Mitfahrer, mit Euch jederzeit gerne wieder <3!

P.S.: Ein Hoch auf unseren Busfahrer der Firma Nieder. Bernd, mit Dir immer wieder gerne!

P.P.S.: Ein ganz besonderes Hoch auf den Shuttlebusfahrer zum Stadion hin, der auf den letzten Metern Hells Bells über die Buskomm jagte und uns viel Erfolg wünschte. Auch in Rostock gibt es sehr stabile Leute!

MEIN* Fankongress 2014

(* im Folgenden wird’s „politisch“ und das spiegelt prinzipiell meine ganz persönliche Meinung wieder und nicht unbedingt die des gesamten Fanclubs)

IMAG1271_1Samstag 9.00 Uhr früh bin ich normalerweise im Bett und nicht gestiefelt und gespornt bei einem Windchill nahe nowosibirskischen Verhältnissen auf dem Fahrrad Richtung F’hain, um mich an einer Menschenschlange anzustellen, die vor Türstehern vom Format „Du-kommst-hier-nicht-rein“ endet. Fairerweise muss man sagen, dass sie zwar die Bezeichnung „Security“ trugen, dafür aber nur da waren ihrem originären Türsteherauftrag nachzukommen, nämlich dem Filzen nach dezentral beschafften Getränken, denn IMAG1272_1das Kosmos ist schließlich kein Kongresszentrum sondern eine gastronomische Einrichtung. Mitpiratenbrigadist Gawd668 fand das gar nicht gut und stürzte sich mißmutig die inkriminierte Club Mate ins Gedärm. Gut, Kaffee, Tee und Wasser gab es in unendlicher Menge umsonst, vor Durst zu sterben war fast unmöglich. Bei der Eröffnungsrede wurde darauf hingewiesen, dass, wenn wir alle schön brav sind und nichts taggen oder bekleben, wir sogar nach 18.00 Uhr ein Bier bekommen. Wohlan denn, vorwärts zum II. Fankongress MMXIV

2014-01-18 10.10.48Das Motto des Kongresses „Fanfreundliches Stadionerlebnis: Wie Fans den Fußball wollen“ ist eine direkte Replik auf das unsägliche Sicherheitspapier der DFL aus dem Jahr 2012. In diesem Jahr fand der Kongress zum ersten mal statt – honi soit qui mal y pense! Die Veranstalter sind die Fanvereinigungen „Unsere Kurve“ und „ProFans„, die, das sei vorweggenommen, einen Superjob hingelegt haben.

Es ging einigermaßen pünktlich los, wobei zum Auftakt zuerst gegrüßt wurde und dann die einzelnen Panels sich vorstellten. Die Qual der Wahl also, denn es gab aus meiner Sicht kein uninteressantes Thema. Schließlich fiel meine Wahl auf das Panel Der Ausrichter: Der Verein & seine Mitglieder – Wenn Regeln unglaubwürdig werden: Verrät der Fußball seine Werte? Das klang mir nach einer gehörigen Portion Kapitalismuskritik und das ist ja sowieso Wasser auf meinen Mühlen.

2014-01-18 11.26.192014-01-18 11.38.262014-01-18 11.41.19Wie erwartet wurde es dann auch ein Geplänkel auf der breiten Skala zwischen totalem Kommerz und deutscher Vereinsmeierei. Christian Bieberstein (Unsere Kurve) hatte dabei natürlich aus aktuellem Anlass den dicksten Hals. Sein Verein, der HSV, stand ja justament an diesem Wochenende vor der Frage, ob es zu einer weiteren Stufe der Kommerzialisierung kommen soll, was ja bekanntlich dann von >79% der Mitglieder als für gut befunden wurde (kein Link, googelt selber). Ich hatte ihn dann auch gefragt, ob er notfalls seinem Verein den Rücken kehren würde, wenn dieser sich an Gazprom & Co. verkaufen würde. Er fand die Frage gemein, aber bejaht es schließlich. Ich habe das nicht ohne Grund gefragt, da ich meinem Ex-Heimatverein, dem VfB Stuttgart, exakt deswegen die Mitgliedschaft (und auch die Freundschaft) gekündigt hatte. Und wenn man sich folgende Grafik anschaut, dann kann einem Angst und Bange werden:

2014-01-18 11.45.30Dies bedeutet nichts anderes, als dass der VfL Wolfsburg über die Sponsorenschiene am FC Bauern beteiligt ist. Noch deutlicher wird diese unheilige Allianz, wenn man die personelle Verflechtung in Person der Herren Winterkorn und Stadler betrachtet und sich den jüngsten Wolfsburg/Bauern-Deal mit Luiz Gustavo vor Augen hält. Wenn ich mir vorstelle, dass ein Laden wie der FC Bauern Anteile am magischen FC hätte… Nein, ich will es mir gar nicht vorstellen *schütteltsichundgehtnachlinksab*…

Es geht ja im Wesentlichen um die Ausgestaltung der 50+1 Regel, die schon heute einige Pervertierungen erfahren hat und mit Wolfsburg und Leverkusen zwei eingearbeitete Ausnahmen besitzt. Diese Regel ist regelmäßig Angriffen von außen ausgesetzt, da sie einem kapitalistischen Grundverständnis diametral entgegensteht. Ich möchte das hier nicht weiter ausführen. Die Diskussion ist weitgehend dokumentiert. Meine Position ist hierbei ebenfalls vollständig dokumentiert. Knapp gesagt: Unternehmen haben aus meiner Sicht eine Verpflichtung zum Sponsoring, aber eine zu große Einflussnahme muss begrenzt werden.

Den wohl wichtigsten Beitrag lieferte ein Plenumsteilnehmer des europäischen Fanbündnisses Supporters Direct. Er gab einen kurzen Abriss über die mittlerweile unsägliche Situation in England und berichtete (wie so viele „Offizielle“ in diesen zwei Tagen) von der Bewunderung des Auslands für die Fan- und Vereinskultur hierzulande, bevor er den Teilnehmern ins Stammbuch schrieb, dass es immer noch die Mitglieder sind, die einen Verein tragen…

Ich möchte diese Aussage einmal präzisieren: Die 50+1 Regel ist eine Mindestanforderung und bedeutet, dass die Mehrheit der Stimmen beim „e.V.“, also bei dessen Mitglieder liegen muss. Die Stimmenmehrheit der Mitglieder kann auch bei 100% liegen. Mit anderen Worten: Wieviel Einfluss ein Sponsor, Investor etc. hat, bestimmen die Mitglieder und nicht die DFL, der DFB oder der jeweilige Vereinsvorstand. Ich lass‘ das so stehen, die Bedeutung für die Fanszene in Deutschland ist damit eindeutig beschrieben. „Erfolgsfans“ und „Businessseat-Kunden“ haben mit Sicherheit kein Verständnis für Traditionen und Emotionen rund um einen Fußballverein!

Eine gute Nachricht gab es dann doch. Andreas Rettig, DFL-Geschäftsführer und Plenumsteilnehmer erklärte, dass die DFL sehr wohl ein Auge auf gewisse Entwicklungen hat und diese auch zu unterbinden gedenkt, wenn diese dann eines Tages in den Geltungsbereich der DFL fallen ((Ohne Namen zu nennen bezog er sich natürlich auf das Beispiel „RB Leipzig“)).

Dann war Mittagessen angesagt. Die Wahl zwischen Berliner Erbsensuppe mit Würstchen und dem toskanischer Pastaeintopf fiel bei mir zugunsten der vegetarischen Variante aus. Ein Lob an die Küche, es war sehr gut!

Dann ging’s in die Nachmittagsplanung und die Wahl war nicht minder Qual(voll). Kollege Gawd668 und ich entschieden uns für etwas eher selbstreferentielles aus der Rubrik Der Spielort: Das Stadion als Zuhause: Auswärtsspiel: Das sogenannte „St. Pauli-Modell“ – eine Chance für Selbstregulierung oder plumper Erpressungsversuch?

Nach den einleitenden Worten von Sven Brux wurde auch relativ schnell klar, wohin die Reise innerhalb dieser Diskussion geht. Zum einen natürlich um die Definition, was denn ein „ungebührliches Verhalten“ darstellen soll bzw. kann und zum anderen, klar, Pyro.

2014-01-18 14.18.172014-01-19 14.18.30Interessant waren die einhelligen Aussagen bezüglich der Fanutensilien, selbst von DFB-Vertreter Gerald von Gorrissen. Man möchte dazu übergehen alles zu erlauben, was nicht ausdrücklich per Stadionordnung oder Gesetz verboten ist. Unsinnige Diskussionen um Maße und Anzahl von Fahnen sind sinnlos und auch kaum vernünftig handlebar. Es soll damit auch der Willkür entgegengetreten werden. Wenn es nach der Polizei gehen würde, wäre alles untersagt. Deshalb überraschte mich die Aussage der beiden Vereinsvertreter, dass die Polizei heutzutage keine Mitsprache mehr beim Thema Fanutensilien hat.

Alles in allem ist das ganze Thema eines, welches mit gesundem Menschenverstand gelöst werden könnte. Gesunder Menschenverstand ist jedoch nicht kodifizierbar und deshalb wiederum Teil der so verhassten Willkür. Obwohl sich alle sowohl auf dem Podium, als auch im Plenum gegen „einheitliche“ Regelungen aussprechen, so merkt man doch innerhalb der Diskussion immer den Drang in Richtung Konformität. Es geht um Gefährdungspotentiale, Verantwortlichkeiten und Kompensationen, wenn es tatsächlich zu Schäden kommt. Eine interessante Frage wurde aus dem Plenum gestellt: Inwieweit die Fans bereit wären Verantwortung zu übernehmen und was sie tun würden, wenn es zu Schäden kommt. Was passiert, wenn tatsächlich mal einer eine Fahne ins Auge bekommt, wenn es zu Verletzungen in Folge von Pyroeinsatz kommt. Würden die Verursacher sich bekennen, die Verantwortung übernehmen und die Schäden kompensieren? Vielleicht mit einer obligatorsichen Fanhaftpflichtversicherung? Es wird immer eine Gratwanderung zwischen eindeutigen Regeln und fallweisen Entscheidungen sein. Unsere Gesellschaft tendiert allerdings zur Regelungswut, was mir persönlich überhaupt nicht gefällt.

Womit das Thema „Pyro“ angesprochen wäre. Natürlich kommt man um diese Diskussion nicht herum und weder ein pofallaesker Ukas des DFB noch das bedingungslose Legalize-it der Ultras sind geeignet diesen Knoten zu lösen. Ich bin ziemlich überzeugt, dass ein erlaubter, verantwortlicher Umgang mit Pyrotechnik dazu führen würde, das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Fans auf der einen und Ordnern und Polizei auf der anderen Seite ganz schnell zu beenden und sich das Klima allgemein zum Positiven wenden würde. Pyro ist der Proxywar für das gesamte Missverhältnis zwischen „Offiziellen“ und Fans. „Verantwortungsvoller Umgang“ führt hierbei direkt zur obengennanten Anfrage aus dem Plenum: „Wie würden die Fans, die Verantwortung ausführen?“  Pyrobeauftragte? Haftpflichtversicherung? Risikoannerkennung? Es gäbe schon eine Menge diskutabler Ansätze…

Ein Statement von Sven Brux möchte ich hier noch in den Raum stellen: Der DFB, die DFL und vor allem die Vereine selber sind Wirtschaftsmächte, an denen eigentlich kein (Lokal-)Politiker vorbeikommt. Diese Macht könnte durchaus mal genutzt werden, um dem heraufbeschworenen „Druck der Politik“ und/oder irgendwelchen Sachzwängen entgegen zu treten.

Weiter ging’s ganz standesgemäß mit Kaffe und Kuchen, bevor es zum Höhepunkt des ersten Tages kommen sollte, nämlich der Podiumsdiskussion rund um das Thema:

Fußballfans & die Polizei: Getrennt in den Farben, getrennt in der Sache?

2014-01-18 16.15.40Zunächst gab es gleich mal ein schönes Beispiel dafür, wie so mancher politische Geisterfahrer sich so seine kleine populistische Welt zusammenbastelt. NRW-Innenminister Ralf Jäger, Kläffer und Scharfmacher, hatte einer Einladung zum Kongress aus terminlichen Gründen eine Absage erteilt. So weit, so gut, das Schreiben fängt auch ganz jovial an. Und an der Stelle, wo man meint, dass nun der „freundliche Gruß“ stehen sollte, driftet das ganze in eine völlig haltlose Pauschalisierung von Fußballfans als „herumziehende und marodierende Intensivtäter“ ab, wie es nur noch der BLÖD-Zeitung zur Ehre gereicht. Dieser Brief wurde auszugsweise zitiert, wobei dieses Zitieren die Kritik von DFL, DFB und Polizeifunktionären hervorrief. Nun, die Kritik wurde zur Kenntnis genommen und der Brief hier veröffentlicht. Möge sich jeder sein eigenes Bild machen. Ich für meine Teil sage nur: Herr Jäger, einfach mal die Fresse halten!

Nun, was kann man von so einer Diskussion erwarten? Zunächst einmal wurde der Versuch unternommen persönliche Erfahrungen in diesem Spannungsfeld außen vor zu lassen, aber das kann eigentlich nicht wirklich gelingen. Die „Polizeiseite“, vertreten durch DFB-Sicherheitsbeauftragter H. Große Leffert und Bernd Heinen, verschanzte sich erwartungsgemäß hinter „Sachzwängen“ und „Politik“, d.h. beide herausragenden Akteure kritisieren durchaus bestehende Verhältnisse, lassen aber jeden Willen zur Veränderung vermissen. Ein Beispiel hierfür war Heinens scharfe Kritik an den Äußerungen subalterner Polizeigewerkschafter. Nur kann ich mich nicht erinnern, dass er in seiner Eigenschaft als Leiter des nationalen Ausschusses für Sport und Sicherheit diese Kritik im Nachlauf einer „Weltkriegsfußballberichterstattung“ der Medien mal öffentlich geäußert hätte. Desweiteren rügte er mehrfach die teilweise populistischen Ausfälle von Innen- und Sicherheitspolitikern, aber mal seinen eigenen Chef (NRW-Jäger) mal zur Ordnung zu rufen, traut er sich auch nicht. Und justament kam genau zu dieser Zeit die Meldung, dass in Köln ein Fan bei einer Schlägerei lebensgefährlich verletzt wurde, da hatte Herr Heinen natürlich gleich den richtigen Gesichtsausdruck parat. ((Das ist natürlich nicht schön, aber bis zu diesem Zeitpunkt weiß ich nur, dass es eine Schlägerei gegeben hat und derjenige dabei verletzt wurde. War das eine abgesprochene Keilerei unter Hooligans? War er maßgeblich beteiligt oder wurde er ohne Grund angegriffen? Wurde er „vermöbelt“ oder ist er unglücklich gestürzt? Das sind alles Fragen, die wichtig sind, wenn wir von „öffentlicher Gefahr durch Fußballfans“ reden. In Palermo bin ich als Tourist auch sicher vor der Mafia, ich könnte lediglich ein Kollateralschaden werden, weswegen Massenkeilereien auf der Domplatte sicherlich nicht mein Einverständnis haben.))

Wohltuend waren die unaufgeregten Aussagen und Einlassungen des Herrn Hauck, der die Polizeidirektion 2 hier in Berlin leitet und somit für den Ablauf am Olympiastadion zuständig ist. Er lobte die Kennzeichnungspflicht und die Fehlerkultur der Berliner Polizei und machte das Angebot an die Fans „Spieltage“ gemeinsam mit der Polizei nachzubereiten. Und hier wäre nun wieder meine persönliche Erfahrung bei meinem letzten Auftritt im Olympiastadion. Da hatte sich nämlich die Polizei auch gründlich danebenbenommen, aber wir wollen ja die Einzelfälle außen vor lassen…

Die Ausführungen der beiden Professoren hatten natürlich Hand und Fuß. Sie wiesen ausdrücklich darauf hin, dass in keinster Weise ein Dialog auf Augenhöhe stattfindet. Das Auftreten der Polizei am Spieltag, sowie der Auftritt in Dialogen sei keinesfall geeignet das Verhältnis zu deeskalieren. Das genau Gegenteil ist der Fall, die Polizei stilisiert sich selber zum Feind, welchem nicht mit Worten sondern nur mit Taten begegneten werden kann. Dass dies auch sonst harmonische und friedliche Fangruppen in Rage bringen kann, ist eine Weisheit, die man als Schüler im Biologieunterricht lernt.

2014-01-19 14.48.15

2014-01-18 13.51.50

Die beiden Fanvertreter machten deutlich, dass unter den gegenwärtigen Umständen ein direkter Dialog zwischen Fans und Polizei nicht möglich ist. Wohl aber über Fanvertretungen wie die Fanbeauftragten der Vereine oder den jeweiligen Fanprojekten. Hier muss es allerdings unbedingt zu einer Stärkung dieser beiden Vertretungen kommen und dies muss bis zum Beamten vor Ort durchkommuniziert werden. Bislang werden diese, wenn sie versuchen im Konfliktfall zu vermitteln, kaum bis gar nicht beachtet, sondern sind meistens in vorderster Linie von Polizeigewalt betroffen. Was einhellig gefordert wurde, war zumindest die Kennzeichnungspflicht, insbesondere für die Ninja-Turtles der Bereitschaftspolizei. Heinen stimmte dem grundsätzlich zwar zu, faselte jedoch etwas von Beschaffungsproblemen. Naja, man kann auch für alles eine Ausrede finden 🙁

 Damit endete dann Tag 1 des Fankongresses 2014. Bei der Eröffnung wurde kolportiert, dass wenn taggen und Aufkleber tapezieren entfallen würde, es dann Bier geben würde… Leider konnte ich das aus terminlichen Gründen nicht verifizieren. 🙂

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Der Sonntag begann mit ein paar einleitenden Worten von Daniel Nowara (Unsere Kurve) zu den Ereignissen am Vortag in Köln. Er machte deutlich, dass es sich bei diesen Personen um Menschen handelt, die kein Fanbündnis und auch kein Kongress wie dieser erreichen kann und man sich einhellig von diesem Personenkreis distanziert.

Dann gab er weiter an DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig für ein Grußwort. Dieser war bereits am Vortag den ganzen Tag anwesend, um sich den Diskussionen und Panels als dialogbereiter Gesprächspartner zu stellen. Überhaupt waren DFL/DFB hochkarätig und engagiert vertreten – das muss man schon anerkennen. Vielleicht ist dies doch die Erkenntnis, dass der engagierte und aktive Fan eine größere Rolle im Wirtschaftskontext Fußball spielt, als es Businessseats und Langnese-Familienblocks alleine sein können.

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Andreas Rettig startet zunächst mit der bereits oben angeführten Kritik bezüglich des Briefes des Ministerdarstellers Jäger. Danach gab es lobende Worte für den Kongress und seine Organisatoren. Das wurde ein wenig zu väterlich, fragt man sich doch was man seitens der Fußballoffiziellen von 700 erwachsenen Menschen erwartet hatte? Ein Kindergeburtstag mit Hüpfburgen und Bibabutzemannspielen? Für die Vorgänge in Köln hatte er auch nur den Satz, dass kein Konzept der Welt solche Vögel einfangen kann. Erwähnenswert war auch noch seine deutliche Kritik an der BLÖD-Zeitung (leider ohne das Drecksblatt zu erwähnen), die über dieses Ereignis wieder eine unsägliche Schlagzeile pappen musste. Wann wird man diese Schweinezeitung endlich mal los?

Rettig berichtete davon, dass die DFL eine Kooperation mit der Initiative „Exit„, die sich um Aussteiger aus der rechten Szene kümmert, eingegangen sei. Ebenfalls trug er auch nochmal seine bereits am Vortag geäußerten Bedenken über eine totale Kommerzialisierung von Vereinen vor, um dann mit den Worten “ Nazis raus“ seine Rede zu beenden. Es folgte zurecht großer Beifall… Allein an den Taten wollen wir sie messen.

Anschließend gab es dann die Podiumsdiskussion zum Thema Selbstregulierung der Kurven und die Abgrenzung gegenüber diskriminierenden Gruppen. Und da stellte sich mir im Vorfeld eine Frage:

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…und in der Tat, war es wohl für die Organisatoren ziemlich schwierig einen Vertreter einer sich selbst als unpolitisch bezeichnenden Fanvertretung zu finden, der bereit war auf dem Podium seine Meinung zu vertreten. Gut so, unpolitisch heißt auch „rechtsoffen“ und das kann und will ich nicht haben. Es stellte sich auch ziemlich schnell die Frage, wie man denn mit rechtslastigen Jugendlichen umgehen soll und welche Möglichkeiten ein Fanprojekt gegenüber diesen Intelligenzverweigerern einnehmen soll. Ich klinke mich hier aus. Zwar gestehe ich jedem eine Chance zur Besinnung zu und freue mich über jeden der diesen faschistoiden Idioten von der Schippe springt, aber ich bin kein Pädagoge und auch kein ausgebildeter Sozialarbeiter… Kommt also bitte erst wieder zu mir, wenn ihr die braune Scheiße aus eurem Hirn geschissen habt.

Gleich zu Beginn gab der hinlänglich szenebekannte Fanforscher Gerd Dembowski ein Statement zum Thema „was ist politisch“ ab, welches grandios war. Leider habe ich es vergessen, vielleicht hat es ja jemand mitprotokolliert… Ich wäre interessiert. 🙂

Die Diskussion kam leider nicht wirklich in Gang, den eines ist völlig klar:

2014-01-19 14.53.02…und deshalb kann man diskutieren bis man schwarz wird. Wenn der Verein nicht mitzieht, dann steht man am Ende alleine da, denn ein ganzes Stadion zu „regulieren“ ist eine Herkulesaufgabe.

Nach dem Mittagessen (Gulaschsuppe oder Thaisuppe mit Zitronengras) gab es schließlich noch ein Wrap-Up der Themen, vorgestellt von den jeweiligen Moderatoren…

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Es waren zwei großartige und äußerst interessante Tage. Es steht zu hoffen, dass die Signale auch von der offiziellen Seite vernommen und vor allem verarbeitet werden. Außerhalb des Kongresses und der Fanbündnisse sind wir alle gefordert uns unsere Fankultur zu erkämpfen und auch zu erhalten. Vergessen sollte man dabei jedoch nie, dass der aktive Fan nicht alleine im Stadion ist, sondern mit ihm tausende andere Anhänger desselben Vereins, desselben Sports mit zum Teil höchst unterschiedlichen Ansichten und Zielen. Nur der Verein und seine Mitglieder kann schlussendlich etwas bewirken und hier muss die meiste Überzeugungsarbeit geleistet werden.

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P.S.: Man könnte noch viel, viel mehr schreiben. Völlig ausgeblendet habe ich z.B. den „Markt der Möglichkeiten“ u.a. mit den Queer Football Fans, der AG Fananwälte oder dem BAFF. Ferner möchte ich nochmal betonen, dass dies meine Eindrücke und meine Vorstellungen zu den einzelnen Themen sind. Auf der Seite des Fankongresses gibt es massenweise Pressestimmen und Material zum querlesen und sich seinen eigenen Gedanken zu machen.

Fan-Gipfel, November 2012 in Berlin

Gestern lud der 1. FC Union Berlin zusammen mit der Fanvereinigung Eiserner V.I.R.U.S. e.V. zu einem außerordentlichen Fangipfel an die alte Försterei nach Köpenick.  Es war eine offene Veranstaltung und es konnte jeder kommen, der sich berufen fühlte oder der sich für Fußball interessiert. Fast 300 Teilnehmer aus dem Umfeld des Fußballs folgten der Einladung. Darunter viele offizielle Vertreter von Vereinen, Fanorganisationen und den Verbänden DFB und DFL. Offensichtlich hielten es Politiker und Polizeivertreter nicht für nötig Präsenz zu zeigen und in den Dialog einzusteigen, aber wozu auch, schließlich hält man sich wohl für mächtig genug über den Belangen des Bürgers zu stehen. Lediglich das Gewinsel eines subalternen Polizeigewerkschaftlers, der wohl auf eine persönliche Einladung wartete, schaffte es in die Medien. Schon mal an dieser Stelle ein Riesenlob an die Organisatoren. Die Bewirtung war ausgezeichnet und der gesamte Ablauf ließ keine Wünsche offen und die Atmosphäre war sagenhaft – ganz großes Tennis!

Der Anlass für diesen Fangipfel war die Diskussion um eine „Sicherheitskonzept“ von DFB/DFL und der Politik, welches, so hoffte man wohl, still und heimlich am 12. Dezember diesen Jahres bei der Mitgliederversammlung des Ligaverbands beschlossen werden sollte und zwar ohne die Mitwirkung derjenigen, die am meisten davon betroffen sind, nämlich die Fußballfans und die Vereinsmitglieder. Der Vorgang ist fußballinteressierten Menschen bekannt, deshalb beschränke ich mich an dieser Stelle auch auf die Links zu den einschlägigen Publikationen:

Das DFL-Papier „sicheres Stadionerlebnis“ auf Publikative.org

Stellungnahmen der Vereine zum DFL-Papier „sicheres Stadionerlebnis“

Übrigens, Vereine, bzw. deren Präsidien, die dem DFL-Papier vorbehaltlos zugestimmt haben sind: Bauern München, Borussia Dortmund, Schalke 04 und Bayer Leverkusen… ich lass‘ das mal einfach so stehen, frage mich allerdings was deren Fans wohl davon halten…

Der gestrige Fangipfel war eine großartige Veranstaltung. Sehr informativ und alles in allem von einer hohen Dialogbereitschaft auf allen Seiten geprägt. Wichtig ist allen interessierten Parteien vor allem die Versachlichung der Diskussion und eine verbale Abrüstung. Sebastian vom Blog „Textilvergehen“ hat den gesamten Ablauf in einem Minutenprotokoll festgehalten und das Ergebnis der Gipfels wurde noch am Abend in Form einer Abschlusserklärung auf der Homepage des 1. FC Union veröffentlicht.

Bemerkenswert dabei ist, dass diese Abschlusserklärung, die wunderbar vorformuliert war, anschließend in einem ca. 1,5 stündigen Dialog aller Anwesenden erarbeitet und verabschiedet wurde. Viele Köche können durchaus einen extrem leckeren Brei zubereiten.

Das Medieninteresse war überwältigend, leider jedoch wurde vielfach wieder am Thema vorbeiberichtet, bzw. schon gar nicht erst begriffen um was es geht:

Ich verzichte hier auf eine Presseschau, Google kann das besser…

Eine sehr gute Übersicht möchte ich hier nicht vorenthalten, weil sie sehr gut veranschaulicht, wer eigentlich die „Stakeholder“ des Fußballs sind, bzw. um es mit Sven Bruxs Worten zu sagen „wem gehört der Fußball?“.